Catching up with Jonathan

Liebe Leser*innen,

Auch hier in Kalavryta ist der Frühling angekommen und die warmen Tage werden immer mehr. Die letzten zwei Monate waren noch sehr winterlich und ich möchte hier von einigen Erlebnissen des bisherigen Jahres berichten.

Frühling in Kalávryta

Wanderung zum Kloster Agia Lavra

Anfang Januar bin ich mit den beiden Freiwilligen von Kulturweit zum Kloster Agia Lavra gewandert, dass in der griechischen Geschichte eine wichtige Rolle spielt. Das Kloster wurde im Jahr 961 nahe von Kalávryta gegründet. Unter der osmanischen Besatzung wurde das Kloster 1585 niedergebrannt, im Jahr 1600 aber wieder aufgebaut. Das gleiche geschah auch 1705. Seine besondere Bedeutung für die griechische Geschichte erlangte das Kloster am 25. März 1821, als im Kloster der Revolutionsspruch „Freiheit oder Tod!“ ausgerufen wurde, was den Beginn des griechischen Unabhängigkeitskampfes gegen die osmanische Besatzung darstellte. An diesem Tag segnete der Mönch Germanos III. die revolutionäre Flagge der Rebellen und hisste sie vor dem Kloster. 1826, mitten im Kampf um die Unabhängigkeit Griechenlands, wurde das Kloster zum nun dritten Mal von osmanischen Truppen verbrannt, nach der Erlangung der Unabhängigketi aber wiederaufgebaut.

Zudem spielte das Kloster während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg und des „Unternehmens Kalawrita“ eine Rolle, da es zeitweise Partisanen beherbergte, die gegen die Besatzung kämpften. Am 14. Dezember 1943, dem Tag nach dem Massaker in Kalavryta, zogen deutsche Truppen durch das Kloster und richteten fünf Mönche hin und verbrannten daraufhin das Kloster. Heute ist das wiederaufgebaute Kloster ein Wallfahrtsort für viele Griech*innen, besonders aufgrund der Bedeutung als einer der Startpunkte des griechischen Unabhängigkeitskampfes.

Das Kloster Agia Lavra

Die Wanderung dorthin war sehr schön, weil es an diesem Tag sehr sonnig war und man sogar ohne Jacke laufen konnte. Leider führt ein Teil des Weges über eine Landstraße, aber eine großer Teil ist ein Fahrradweg, der durch die Natur führt.

Abbau der Ausstellung in Patras

Der König George I. Platz in Patras

Im Oktober hatte ich auf diesem Blog davon berichtet, wie ich beim Aufbau der Wanderausstellung in Patras geholfen hatte. Diese Ausstellung war über den Winter in Patras zu sehen, bis wir sie am 26. Januar wieder abbauten und für den Transport zurück nach Kalavryta verpackten. Ich habe beim Abmontieren der Tafeln geholfen und alles fotografisch dokumentiert. Danach hatten wir noch kurz Zeit in Patras und ich habe mir eine griechische Zweit-SIM gekauft und die ersten Vorbereitungen für den Karneval in Patras gesehen, der dort einige Wochen später gefeiert wurde.

EU-Seminar

Vom 28. Februar bis zum 5. März habe ich am Mid-Term-Seminar des Europäischen Solidaritätskorps teilgenommen, welches an das erste Seminar im Dezember anschloss. Das Seminar war wieder digital und dauerte sechs Tage. Wir haben uns dort mit anderen ESC-Freiwilligen, die von überall aus Europa kommen und gerade auch einen Freiwilligendienst in Griechenland absolvieren, über unsere Erfahrungen ausgetauscht und über verschiedenen Themen gesprochen. So haben wir zum Beispiel unsere bisherigen Lernwege aufgezeichnet und geschaut, in welchen Bereichen wir uns schon persönlich weiterentwickelt und dazugelernt haben. Wir haben auch darüber gesprochen, wie man mit herausfordernden Situationen und Umständen umgehen kann und an wen man sich bei Problemen wenden kann. Außerdem war der Youthpass ein Thema, der gegen Ende des Freiwilligendienstes ausgestellt wird und unsere Fortschritte und Lernerfahrungen bescheinigt und etwa bei späteren Bewerbungen helfen kann.

Aktuelle Arbeit im Museum

Im Museum arbeite ich in letzter Zeit vor allem an einer Recherche, die ich bis zum nächsten ASF-Seminar mithilfe des Archivs „Memories of the Occupation in Greece“ durchführe. Das Archiv enthält viel Interviews mit Zeitzeug*innen, die von verschiedenen Themen wie dem Besatzungsalltag, Widerstand oder den Massenhinrichtungen berichten. Wir können uns den Themenschwerpukt unserer Recherche selbst aussuchen, ich habe mich für die persönlichen Beziehungen zwischen den Zivilist*innen und den Partisan*innen entschieden, da mir dieses Thema sehr vielschichtig und spannend erscheint. Ein weiteres Projekt im Museum waren Videoaufnahmen aus dem Jahr 1944, die von dem US-Amerikaner George Skouras gemacht wurden und die Zerstörung in griechischen Städten und Dörfern nach dem Abzug der deutschen Truppen dokumentieren. Die Originalfilme befinden sich im Archiv „National Archives and Record Administration“ in den USA und wir haben online nur eine qualitativ eher minderwertige Digitalkopie gefunden, weshalb wir vom Archiv auf Nachfrage eine neu digitalisierte Version bekommen haben. Ich habe aus dieser Kopie dann die Teile zusammengeschnitten, die Kalavryta zeigen. Demnächst werden wir diese Videoausschnitte dann auch in der Ausstellung zeigen. Es ist noch nicht ganz klar, wie es mit den Rechten für das Video aussieht, deshalb kann ich leider noch keine Aufnahmen selber hochladen, aber hier kann man die Kopie sehen, welche schon seit einiger Zeit auf YouTube verfügbar ist. Kalavryta ist von Minute 19:24 bis 20:36 (zuerst der Hügel der Hinrichtung, dann der Friedhof von Kalavryta und von 21:22 bis 22:54 zu sehen (zuerst der Hauptplatz mit der während des Massakers zerstörten Kirche, in der nächsten Einstellung dann die verbrannte Grundschule, in der sich heute das Museum befindet und dann noch einmal der Ort der Hinrichtung).

Seit dieser Woche arbeite ich außerdem an dem digitalen Repertoire des Museums auf der Plattform „Google Arts & Culture“, auf der Museen Online-Ausstellungen kreieren und z.B. Bilder und historische Dokumente mit Informationen zu ihrer Geschichte hochladen können. Ich helfe etwa dabei, die Informationen zu den Objekten zu verbessern. Zudem ist dort bisher alles auf Englisch und ich arbeite mich nach und nach durch die Objekte und füge deutsche Übersetzungen hinzu. Dies wird auch nächste Woche meine Hauptaufgabe sein. Sonst mache ich natürlich mit Gruppen Führungen durchs Museum und helfe bei anderen kleinen Aufgaben. So habe ich zum Beispiel vor einer Woche beim Empfang des mexikanischen Botschafters in Griechenland im Museum geholfen und Fotos vom Besuch für das Museumsarchiv gemacht.

Das Skigebiet von Kalavryta

Das nächste große anstehende Ereignis ist der 25. März, der 202. Jahrestag des Beginns des Unabhängigkeit. Der Beginn des Unabhängigkeitskriegs wird aufgrund des Beginns hier in Kalávryta immer schon am 21. März gefeiert. Ich werde dann demnächst auch von den Feierlichkeiten zu diesen Tagen hier berichten.

Bis bald!

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